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Gottseidank

Dieses Münchner Label in Milbertshofen weiß, wie moderne Trachtenmode aussieht.

Text Sophia Bilz

Regeln sind notwendig, auch in der Tracht, das ist klar. Aber bitte nicht zu viele. Das Münchner Label Gottseidank scheint die Goldene Mitte bereits gefunden zu haben. 

Wer sich bei Münchens selbsternannten Experten umhört, insbesondere kurz vor Beginn des Wiesn-Wahnsinns im September, kriegt als Neuling erstmal eine ausgedehnte Predigt darüber zu hören, was in Sachen Tracht geht und was nicht. Sneaker, ein absolutes No-go! Auch der falsche Stiefel oder High-Heels – Gott bewahre, entlarven die Trägerin sofort als Outsider und fast schon unwürdig, Tracht zu tragen.

Seit ein paar Saisons zeigt sich diese „Trachtenetikette“ auch in den neuen Designs bekannter Trachtenlabels. Wobei „neu“ hier wohl das falsche Wort ist, schließlich zeichnet sich der neue Look dadurch aus, die traditionellen Entwürfe und Stoffe der alpenländischen Tracht wieder aus den Archiven zu kramen und ihnen einen modernen Twist zu verpassen. Im Gegensatz zur diktatorischen Accessoire-Polizei, die extrem nerven kann, empfinden die meisten diesen Wandel vom silber-goldenen Christbaum-Dirndl zum sehr viel schlichteren aber nicht weniger eleganten, traditionellen Dirndl durchaus positiv.

Jörg Hittenkofer, Inhaber und Designer, vereint mit Gottseidank das Beste von allem. Im Gegensatz zu alteingesessen Kandidaten, sieht er die Sache, wie und was man zu Tracht trägt, entspannter. Ganz egal ist es ihm freilich nicht. In Garmisch-Partenkirchen aufgewachsen, hat er das Dirndl-ABC von klein auf eingetrichtert bekommen und war mit den Entwürfen für seine Kollektionen einer der Ersten, der seine Inspiration größtenteils aus der Vergangenheit holte und ins Hier und Jetzt übertrug.

Das Credo der Marke: Der Tradition und dem Handwerk von Tracht treu bleiben und gleichzeitig den Ansprüchen einer urbanen Gesellschaft Genüge tun. Authentisch, individuell und modern, das sollen die Kleidungsstücke sein. Neben der großen Vielfalt an Dirndln, lassen sich mit Rock und Weste eigene Kombinationen zusammenstellen. Auch die Herren findet hier von der Lederhose bis zum Hemd alles, was es braucht. Die strengen Grenzen zwischen Tracht und Mode, sieht Hittenkofer teilweise überholt. Er beobachtet gerne, wie junge Trachten-Rebellen den Janker der aktuellen Kollektion zu Jeans und T-Shirt kombinieren.

Aus diesem Grund entwirft er mit seinem Team neben klassischer Tracht inzwischen auch Kleidung, die ihren Tracht-Charakter einzig anhand eines Knopfes oder einer Hornschnalle zeigt. Ein Massenprodukt, das sollen die Designs von Gottseidank auf keinen Fall werden. Und: Schuhe mit Absatz zum Dirndl, das muss sein – ganz egal sind ihm Regeln dann doch nicht.

Titelfoto: Sophia Bilz
Fotos Seitenleiste: Sophia Bilz
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