TEXTILE SIEGEL
UND STANDARDS
Wie kann man sich in dem Dschungel der textilen Nachhaltigkeitssiegel zurechtfinden? Vertrauenswürdig sind in der Regel Zertifikate und Standards, die von unabhängigen und staatlichen Organisationen vergeben werden.
Auf folgende Aspekte kommt es an: Ökologische Herstellung der Materialien, sozial-gerechte Arbeitsbedingungen und Transparenz entlang der gesamten textilen Kette.
Wir klären auf über die wichtigsten und glaubwürdigsten Siegel und Standards, die wir auch als Maßstab für unsere Umfragen verwenden.
ÖKOLOGISCHE KRITERIEN
betreffen meistens Naturfasern aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA), z.B. sogenannte „Bio-Baumwolle“, oder aus kontrolliert biologischer Tierhaltung (kbT).
- Standard nach der EG-Öko-Verordnung
- Verbot von genmanipuliertem Saatgut
- Keine Monokulturen, Anbau in Mischkultur und Fruchtfolge
- Verbot von chemischem Dünger und Pflanzenschutzmitteln
- Ernte ohne Entlaubungsmittel
- Verbot von künstlicher Bewässerung
- Möglichst geschlossener biologischer Kreislauf
- Standard nach EG-Öko-Verordnung
- Artgerechte Haltung
- Große, helle und belüftete Ställe
- Ausreichende Bewegungsfreiheit für die Tiere
- Verbot von gentechnisch veränderten Pflanzen als Futter
- Verbot von Antibiotika zu Vorbeugezwecken
- Stressreduzierter Transport der Tiere
TRANSPARENZ
untermauert die Glaubwürdigkeit eines Siegels oder Standards. Je größer die Transparenz, desto glaubwürdiger sind die nachhaltigen Anstrengungen des Unternehmens. Hier gibt es große Unterschiede.
Dies sollte veröffentlicht werden:
- die Ziele und die Umsetzung der eigenen Nachhaltigkeitsstrategie
- die sozialen und ökologischen Kriterien
- die jeweiligen Überprüfungsverfahren (z.B. unangekündigte Besuche)
- der Jahresbericht des Unternehmens
- die Liste der Betriebsstätten und aller Zulieferer mit Angaben, ob sie zertifiziert sind
Ferner:
- jährliche Monitoring- und Evaluationsberichte
- sämtliche Transportmittel und -wege
- Ergebnisse der Fabrikaudits/ Überprüfungen
- die Dokumentation aller Produktionsprozesse
- die Liste der entzogenen Zertifikate
- der ökologische Fußabdruck
Die Offenlegung ist zu finden:
- im Nachhhaltigkeitsbericht des Unternehmens
- auf den Webseiten der zertifizierenden Organisationen
- bei Antworten auf schriftliche Anfrage
- bei Label/Siegel an den Kleidungsstücken
- durch Informationen am Bekleidungsstück,
wie z.B. Etiketten mit Tracking-Code/QR-Code
SOZIALE KRITERIEN
werden anhand von Standards gemessen, die die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, in vielen Jahren internationaler Beratungen festgelegt hat.
Grundprinzipien:
- Beseitigung der Zwangsarbeit
- Abschaffung der Kinderarbeit
- Verbot der Diskriminierung
- Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektiv- verhandlungen
Zu den wichtigsten Arbeitsgrundrechten der ILO-Kernnormen zählen ferner angemessene Arbeitszeiten, Arbeitsschutzmaßnahmen und rechtsverbindliche Arbeitsverhältnisse.
Existenzsichernde Löhne sind ein weiteres wichtiges Kriterium für soziale Produktionsbedingungen, da die lokalen Mindestlöhne oft zu niedrig sind für ein menschenwürdiges Leben.
DIE WICHTIGSTEN SIEGEL IM ÜBERBLICK
OEKO-TEX MADE IN GREEN
Das Made in Green-Label zeigt dem Verbraucher, dass damit gekennzeichnete Textilien gemäß OEKO-TEX-Richtlinien auf Schadstoffe geprüft und nachhaltig produziert wurden. Jeder Artikel kann anhand einer eindeutigen Produkt-ID vom Konsumenten transparent zurückverfolgt werden. Das Labelling liefert Informationen, in welchen Betrieben entlang der textilen Kette produziert wurde, welcher Produktionsstufe die Fabriken angehören und in welchen Ländern gefertigt wurde.
Produktionsprozess:
Alle Stufen der textilen Kette
Soziale Kriterien:
- Sichere und sozialverträgliche Arbeitsplätze gemäß UN- und ILO-Normen
- Keine Kinder- oder Zwangsarbeit
- Geprüfte Standards für Gebäude- und Arbeitsplatzsicherheit
Ökologische Kriterien:
Schadstoffgeprüfte Materialien, gesundheitlich unbedenklich und von einem der OEKO-TEX Mitgliedsinstitute im Labor überprüft
- In umweltfreundlichen Betrieben produziert
- Verwendung umweltfreundlicher Produktionstechnologien
- Verantwortlicher Umgang mit Ressourcen, Abfall, Wasser, Emissionen
- Reduzierung des CO2-Footprints
- Verwendung von Umweltmanagement-Systemen
Transparenz:
- Die Produktion der Artikel können per QR-Code und Produkt-ID zurückverfolgt werden
Weitere Infos: www.madeingreen.com
FAIRTRADE TEXTILE PRODUCTION
2016 hat Fairtrade zusätzlich zu Fairtrade Certified Cotton den Fairtrade-Textilstandard eingeführt, der die gesamte textile Produktionskette abdeckt. Als erstes Siegel, das die komplette textile Produktionskette abdeckt, sehr empfehlenswert. Allerdings gibt es bisher erst drei Unternehmen, die den Standard in einem Pilotprojekt umsetzen.
Produktionsprozess: komplett faire Produktionskette nach der Faserproduktion von der Entkörnung bis hin zum Konfektionsbetrieb
Soziale Kriterien:
- ILO-Kernarbeitsnormen (keine Diskriminierung, Versammlungsfreiheit etc.)
- Zahlung von existenzsichernden Löhnen innerhalb von sechs Jahren
- langfristige Verpflichtungen zwischen den Markenunternehmen und den Lieferanten sowie faire Einkaufsbedingungen.
- Für die erste Produktionsstufe, die Fasergewinnung, werden zertifizierte Fairtrade-Baumwolle oder auch andere nachhaltig produzierte Fasern (auch von der Better Cotton Initiative/BCI) akzeptiert.
Ökologische Kriterien:
- Umweltschonende Produktionsweise, z.B. eine Liste verbotener Substanzen, Kriterien zu Wasser- und Abfallmanagement und Ausschluss gefährlicher Produktionsprozesse
Transparenz:
- Transparente unabhängige Kontrolle durch Flo-cert
- Tag am Kleidungsstücke mit Siegel und Erklärungstext, inwieweit das Unternehmen den Standard bereits umgesetzt sind, und ob existenzsichernde Löhne bereits gezahlt werden oder gemäß des Zeitrahmens von sechs Jahren in Arbeit sind
Weitere Infos: https://www.fairtrade-deutschland.de/was-ist-fairtrade/fairtrade-siegel
FAIRTRADE COTTON
steht für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Baumwollkleinbauern. Das Siegel wird von TransFair e. V. für Produkte, die nach dem Fairtrade-Standard von Fairtrade International produziert wurden, vergeben. Der Umstieg auf biologischen Anbau wird gefördert. Als soziales Produktsiegel für den Baumwollanbau empfehlenswert:
Produktionsprozess: Baumwollproduktion
Soziale Kriterien:
- Stabile Mindestpreise und zusätzliche Fairtrade-Prämie für Gemeinschaftsprojekte
- Verbesserte Arbeitsbedingungen und demokratische Organisation
- Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit
- Vorgaben für die Weiterverarbeitung (Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen für alle Produktionsstufen)
Ökologische Kriterien:
- Umweltschonende Produktionsweise
- Verbot von genmanipulierter Baumwolle
Transparenz:
- Transparente unabhängige Kontrolle durch Flo-cert
Weitere Infos: www.fairtrade-deutschland.de/produkte-de/baumwolle/hintergrund-fairtrade-baumwolle.html
FAIR WEAR FOUNDATION
Mit der Mitgliedschaft in dieser unabhängigen Multistakeholder-Initiative verpflichten sich Unternehmen, schrittweise ihre Einkaufspraktiken und die Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferbetrieben zu verbessern. Als Lerninitiative mit prozessorientiertem Ansatz gilt die Fair Wear Foundation (FWF) als das Best-Practice-Beispiel für hohe soziale Standards. Mehr dazu hier.
Produktionsprozess: Konfektion
Soziale Kriterien:
- ILO-Kernarbeitsnormen, zusätzlich existenzsichernde Löhne
- Jährlicher „Brand Performance Check“ der Mitgliedsunternehmen: Überprüfung des Managementsystems und der Einkaufspraktiken
- Mitgliedsunternehmen müssen die Arbeitsbedingungen in den Produktions- betrieben durch Audits prüfen lassen (im 1. Jahr der Mitgliedschaft 40 %, im 2. Jahr 60 %, ab dem 3. Jahr 90 % des Produktionsvolumens)
- Zusätzliche Audits in einem Teil der Produktionsstätten durch die FWF
- Jährlicher Arbeitsplan und Sozialbericht der Mitgliedsunternehmen
- Enge Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen bei der Verbes- serung der Arbeitsstandards in den Produktionsbetrieben
- unabhängige lokale Beschwerdestellen für Arbeiter_innen
Transparenz:
- Veröffentlichung der „Brand Performance Checks“ der Unternehmen
- FWF-Label an den Kleidungsstücken nur bei „Leader“-Unternehmen Multistakeholder-Initiative von Wirtschaftsverbänden, NGOs und Gewerkschaften aus den Niederlanden
Weitere Infos: www.fairwear.org
RDS RESPONSIBLE DOWN STANDARD
Der gemeinnützige amerikanische Verband Textile Exchange entwickelte in einem Multi-Stakeholder-Prozess mit u.a. The North Face diesen Tierschutzstandard für die Gewinnung von Daunen. Als tierfreundliches Produktsiegel mit weitem Verbreitungsgrad empfehlenswert:
Produktionsprozess: Daunengewinnung
Ethische Kriterien:
- Tierschutzstandards in der Tierhaltung
- Verbot von Zwangsfütterung („Stopfung“)
- Verbot von Lebendrupf
- Das Siegel darf nur verwendet werden, wenn 100% der Daunen dem Standard entsprechen.
Transparenz: Unabhängige Kontrolleure prüfen sämtliche Produktionsschritte vom Zuchtbetrieb bis zum Endprodukt. Kontrollen finden auch unangekündigt statt.
Weitere Infos: https://textileexchange.org/knowledge-center/documents/responsible-down-standard-rds/
OCS (ORGANIC CONTENT STANDARD)
Der gemeinnützige amerikanische Verband Textile Exchange garantiert mit dem OCS-Siegel die Verwendung von Naturfasern aus kontrolliert biologischem Anbau. Für die weitere Verarbeitung der Fasern gibt es keine Umweltauflagen. Als hochwertiges Produktsiegel ist nur der Organic 100 Content Standard empfehlenswert:
Produktionsprozess: Naturfaserproduktion (überwiegend Baumwolle)
Ökologische Kriterien:
- Organic 100: mind. 95 % Naturfasern aus kbA, Vermischung nur mit anderen Materialien, nicht mit der gleichen nicht-zertifizierten Faser
- Organic Blended: mind. 5 % Naturfasern aus kbA
- Zertifizierung der Bio-Naturfasern durch externe Organisationen
Transparenz: Rückverfolgbarkeit der Bio-Naturfasern in den einzelnen
Produktionsstufen
Weitere Infos: Organic-Content-Standard_v2.0.pdf
GOTS (GLOBAL ORGANIC TEXTILE STANDARD)
Die GOTS GmbH vergibt das weltweit führende GOTS-Siegel, an deren Entwicklung IVN maßgeblich beteiligt ist. Es garantiert den biologischen Anbau und die Einhaltung strenger Umweltkriterien während des gesamten Produktionsweges. Als ökologisches Produktsiegel mit einem hohem Verbreitungsgrad ist es sehr empfehlenswert:
Produktionsprozess: Gesamte Produktionskette
Ökologische Kriterien:
- GOTS organic: mind. 95 % Naturfasern aus kbA/kbT
- GOTS made with: mind. 70 % Naturfasern aus kbA/kbT
- Keine Verwendung von gesundheits- oder umweltschädlichen Sub- stanzen wie Chrom, Nickel und PVC
- Ausrüstung der Textilien nur durch mechanische, thermische und physikalische Prozesse
- Ressourcenschonende Produktion
- Prüfung durch unabhängige Zertifizierungsstellen
Soziale Kriterien: ILO-Kernarbeitsnormen
Transparenz: Ergebnisse der Fabrikaudits sowie Namen der Zulieferer
werden veröffentlicht
Weitere Infos: www.naturtextil.de/qualitaetszeichen/gots/
NATURTEXTIL IVN CERTIFIED BEST
Der Internationale Verband Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN) vergibt das IVN-Siegel Best, das 100 % Naturfasern aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft (kbA oder kbT) garantiert. Strenge Umweltkriterien müssen während des gesamten Produktionsweges eingehalten werden. Als Siegel mit den höchsten ökologischen Standards ist es sehr empfehlenswert:
Produktionsprozess: Gesamte Produktionskette
Ökologische Kriterien:
- 100 % Naturfasern aus 100 % kbA/kbT im Endprodukt
- Keine Verwendung von gesundheits- oder umweltschädlichen Sub- stanzen wie Chrom, Nickel, PVC und schwermetallhaltige Farben
- Ausrüstung der Textilien nur durch mechanische, thermische und physikalische Prozesse, ohne z.B. silikonbasierte Mittel
- Prüfung durch unabhängige Zertifizierungsstellen
- Ressourcenschonende Produktion
Soziale Kriterien: ILO-Kernarbeitsnormen, existenzsichernde Löhne
Transparenz: Offenlegung aller Herstellungswege nach Anfrage
Weitere Infos: www.naturtextil.de/qualitaetszeichen/qualitaetszeichenbest/