Die Umfrage

TEXT Tatjana Krischik

Wo kann man ökologisch nachhaltige und fair produzierte Mode in Köln kaufen? Dies wollten Studierende der AMD Akademie für Mode & Design und Expertinnen von FEMNET e.V. herausfinden. Das Ergebnis: In Köln gibt es ein reichhaltiges und vielfältiges Angebot alternativer Mode.

Nach dem Vorbild des Bonner öko-fairen Einkaufsratgebers „Fair, fair, fair sind alle meine Kleider“ (2013) und von BUY GOOD STUFF für Düsseldorf (2014) befragten fast 60 Studierende des Studiengangs Mode- und Designmanagement der AMD Akademie Mode & Design Düsseldorf und ein Team von unabhängigen Expert_innen und Ehrenamtlichen von FEMNET sämtliche 700 Modegeschäfte in 14 ausgewählten Stadtteilen Kölns.

Sie hatten im Vorfeld gemeinsam einen Fragebogen gestaltet und fragten nach Kleidung, die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllt. Sie suchten nach Concept Stores, die hauptsächlich öko-faire Kleidung anbieten, aber auch nach konventionellen Geschäften, die nachhaltige Mode führen. Da Secondhandkleidung per se nachhaltig ist, wurden diese Geschäfte zwar nicht befragt, sie sind aber in diesem Ratgeber gelistet. Mit dem Fragebogen unterm Arm besuchten die Studierenden zunächst die Geschäfte des inhaber_innengeführten Einzelhandels, um dort persönliche Interviews durchzuführen. Dabei unterstützte FEMNET sie tatkräftig mit seiner Expertise. Des Weiteren fühlte das FEMNET-Team sämtlichen in Köln vertretenen Modeketten auf den Zahn.

Bei der Umfrage erkundigten wir uns nach Kleidung, die mit glaubwürdigen sozialen oder ökologischen Siegeln versehen ist, oder deren Produzenten einer vertrauenswürdigen Multistakeholder-Initiative angehören. Ferner wurde auch nach Produktionsstätten in Europa und vor Ort in Köln gefragt, bei denen man davon ausgehen kann, dass die Arbeitsbedingungen anerkannte soziale Richtlinien erfüllen. Es sollten möglichst viele Geschäfte mit der Umfrage erreicht werden, denn mit der Fragebogenaktion wollten wir auch die konventionellen Geschäfte für das Thema sensibilisieren.

Von den 420 inhaber_innengeführten Modegeschäften beantworteten 154 (36,7 %) unsere Fragebögen. Von den 189 internationalen Ketten mit ihren 270 Filialen antworteten nur 18 Firmen (9,5 %), die aber insgesamt 32 Filialen in Köln führen. Besonders stark war die Beteiligung in Kölner Szenevierteln wie Ehrenfeld, Neuehrenfeld, Belgisches Viertel, wo fast 50 % der Geschäfte ökologische oder faire Ware anbieten. Bemerkenswert ist zudem, dass auf der rechten Rheinseite (Mülheim, Kalk und Deutz) zwar weniger Geschäfte mit einem öko-fairen Angebot aufwarten konnten, aber dennoch eine rege Beteiligung (35 %) zu verzeichnen war. Schlusslichter bei der Befragung waren hingegen die wohlhabenden Viertel Rodenkirchen, Bayenthal (10 % Beteiligung) und Lindenthal (22 % Beteiligung).

Das Ergebnis

Die Antworten unserer Umfrage ergaben, dass 77 Kölner Modegeschäfte sowohl ökologisch als auch fair produzierte Mode anbieten. Hinzu kommen noch 68 Ateliers, die in der eigenen Schneiderei in Köln oder der Umgebung fertigen, sowie Labels, die in einem Betrieb fertigen lassen und dort faire Produktionsbedingungen selber kontrollieren. Einige davon verwenden Bio- oder Upcycling-Materialien. Zusätzlich fanden sich 16 Geschäfte, die zumindest in Europa produzierte Ware führen oder bei ihren Lieferanten genau nach den Produktionsbedingungen fragen. Insgesamt fanden wir ökologische Produktionskriterien im Sortiment von 96 Geschäften und fair produzierte Kleidung in sogar 153 Läden und Ateliers vor.

Das am meisten verbreitete Siegel ist das GOTS-Siegel (in 78 Geschäften), gefolgt von der Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation (43) und von Fairtrade Certified Cotton (37). Weniger häufig sind IVN Best Naturtextil (13) und OSC 100 (10). Häufig kommen auch die von uns als zu schwach eingestuften Siegel OEKO-TEX® Standard 100 und bluesign®, die Multistakeholder-Intiativen BSCI, BCI und der Standard SA 8000® vor. 116 Geschäfte bieten öko-faire Kleidung an, die mit keinem Label zertifiziert ist, aber z.B. aus Bio-Baumwolle (kbA) oder Recycling-Materialien gefertigt ist. Viele kleine öko-faire Labels können sich eine teure Zertifizierung offensichtlich nicht leisten. Einige Ateliers, die ein hohes Bewusstsein für faire Produktionsbedingungen zeigten, gaben an, dass die Auswahl ökologischer Stoffe noch nicht ihren Ansprüchen entspricht.

“Kund_innen fragen immer mehr nach fairer Mode”

13 Modeketten führen öko-faire Ware: Mehrere große Unternehmen setzen einen Anteil an zertifizierter Bio-Baumwolle ein, der im Gesamtsortiment teilweise gering ist, aber durch die großen Produktionsvolumen relevante Mengen darstellt. Die sozialen Standards schwanken hier zwischen selbst definierten Codes of Conduct und Mitgliedschaften in mehr oder minder glaubwürdigen Multistakeholder-Initiativen.

Die erfreuliche Nachricht

Öko-faire Mode muss nicht teuer sein: ein Großteil des Angebots befindet sich im mittleren Preissegment. Aber auch im hochpreisigen Segment und bei luxuriöser Couture-Mode wird man fündig. Im niedrigpreisigen Bereich ist die Auswahl geringer. Auch wenn Geschäfte mit öko-fairer Ware hauptsächlich Damenoberbekleidung anbieten (113) und nur halb so viele Herrenbekleidung (61) und noch weniger Kinderbekleidung (22), so ist das Angebot sehr breit und vielfältig: von Casual/Basics, über hochmodische Couture- und Designermode, elegante und modische Maßanzüge, Abend- und Brautmode, über Yoga-, Sport- und Outdoor-Bekleidung bis zu Karnevalskostümen und Berufsbekleidung. Eine weitere positive Nachricht: Nicht nur das Engagement der Geschäftsinhaber_innen, auch das Konsument_inneninteresse steigt. Zwei Drittel der Geschäfte gaben an, dass Kund_innen verstärkt nach fairen Arbeitsbedingungen in der Kleiderherstellung fragen.

Wie sieht es mit den Arbeitsbedingungen im Kölner Modehandel selber aus? 53 der Geschäfte zahlen nach Tarifvertrag oder darüber. Aber einen Betriebsrat hat keines der inhaber_innengeführten Geschäfte. Dies liegt daran, dass viele der Geschäfte zu klein für einen Betriebsrat sind, teilweise sogar nur die Inhaber_in selbst mit viel Idealismus dort arbeitet.

Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Es haben nicht alle Geschäfte an unserer Umfrage teilgenommen, die möglicherweise öko-faire Ware führen. Manche Ateliers und kleine Geschäfte haben nicht die Zeit gefunden. Andere Geschäfte wollen kein Öko-Image. Und manch eine Kette nimmt lieber nicht teil, bevor ihr zu genau auf die Finger geschaut wird. Daher: Fragen Sie nach in den Geschäften! Machen Sie ihre eigenen Entdeckungen!

Stand 2016