Mode aus Abfall
Ist die H&M Kollektion wirklich nachhaltig oder ist alles nur ästhetisches Greenwashing?
TEXT Danica Jovanovic
Die Zahl sieben ist eine magische Zahl. Sie steht für Wunder und Zauberei. Vielleicht gelingt dem schwedischen Modeunternehmen mit seiner siebten Kollektion ein kleines Wunder. H&M möchte einen riesigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gehen: Conscious Exclusive Kollektion heißt die Linie, mit der man den Lebenszyklus von Kleidungsstücken deutlich verlängern möchte. Jedes Kleidungsstück soll später wiederverwendet oder recycelt werden. Modemagazine wie Vogue, Elle oder Fashion Network nahmen die Kollektion begeistert auf. Grund genug für einen nachhaltigen Fashion Guide einen kritischen Blick zu wagen.
Seit einigen Jahren bringt H&M „Conscious“–Kollektionen heraus. Eine Kollektion, die aus nachhaltigen Materialien bestehen. So will man zeigen, wie umweltschonend man inzwischen ist. Doch immer häufiger rütteln negative Schlagzeilen an der Glaubwürdigkeit dieser Bemühungen. Bereits 2017 zeigte ein dänischer Fernsehsender TV2 in einer Reportage im Rahmen seines Magazins „Operation X“, dass H&M tonnenweise neue Kleidung verbrennt. Eine Studie der niederländischen Organisation SOMO wies Kinderarbeit in Produktionsstätten des Modekonzerns im Niedriglohnland Burma nach. „Es sei in Burma erlaubt, Kinder ab 14 Jahren in Fabriken arbeiten zu lassen.“, lautete die dünne Erklärung von H&M.
Kollektionen aus nachhaltigen Materialien
In der Kollektion 2018 wurden nun neue und nachhaltige Materialien wie ECONYL® verwendet. Der Stoff besteht zu 100 Prozent aus alten Fischernetzen und recycelten Nylonabfällen. Viele Fair Fashion Labels wie Lanius und bleed verarbeiten Econyl schon seit längerem. „Es ist wahnsinnig spannend, gleich zwei neue nachhaltige Materialien in die Kollektion einzuführen. Mit der feinen Spitze aus ECONYL® und dem wunderschön gefertigten Schmuck aus recyceltem Silber erweitern wir aufs Neue die Grenzen nachhaltiger Mode“, schwärmt Ann-Sofie Johansson, Creative Advisor von H&M. Der Vorteil des Recyclings von Polyester und Silber besteht darin, dass diese Form der Wiederverwertung deutlich ressourcenschonender ist, als neu zu produzieren.
Einige Kollektionsstücke bestehen aus der Holzfaser Tencel, aus Bio-Seide, Bio-Leinen und Bio-Baumwolle. Die Bezeichnung „Bio“ sichert dabei nur den biologischen Anbau der Fasern und dies auch nur nach Auskunft des Konzerns. Zertifiziert ist die Bezeichnung nicht. Auch Aussagen über die Weiterverarbeitung, welche Farbstoffe eingesetzt worden sind oder wie die Kleidungsstücke veredelt werden, liegen nicht vor. Zudem sagt „Bio“ auch nichts darüber aus, unter welchen Arbeitsbedingungen die Materialien gewonnen und weiterverarbeitet wurden. Solche weitergehenden Garantien leisten nur anerkannte Textilsiegel.
Betreibt H&M Greenwashing?
Das Unternehmen gibt nicht preis, woher es seine Materialien bezieht und wie produziert wird. Der Plattform utopia.de hingehen teilte man mit, dass die verwendete Bio-Baumwolle unter „Einbeziehung der strengen Standards von GOTS“ zertifiziert sei – tatsächlich tragen Produkte von H&M nicht den anerkannten Standard. Den GOTS-Standard könnte H&M jedoch nur für eine komplett ökologische Produktion erhalten. Zur Herkunft von Leinen, Seide und Tencel äußerte sich H&M nicht.
Unmoralische Arbeitsbedingungen, Billigmode, Klamottenverbrennung haben nichts mit einer nachhaltigen Firmenpolitik zu tun. Die Conscious Exclusive Kollektion von H&M kann man aber auch nicht als reines Greenwashing bezeichnen. Der Konzern verwendet tatsächlich teils nachhaltige Materialien und schafft es durch seine Bekanntheit, dem Thema nachhaltige Mode Aufmerksamkeit zu verschaffen. Ein Schritt in die richtige Richtung.