Plastik – ein Feind für die Ewigkeit

Plastik – ein Feind für die Ewigkeit

TEXT: Lola Tappe

 

Der blaue Planet wird zum Plastikplaneten. Menschen erkranken, Tiere sterben und das Ökosystem geht zugrunde. Wie schlimm ist die Situation und was können wir tun?

Flaschendeckel, Obstnetze, Gabeln, Tüten, alte Autoreifen – mit jeder Welle wird neuer Müll angeschwemmt, mit jeder Welle wird der glitzernde Streifen am Strand breiter. Ein Streifen komplett aus Plastik funkelt im Sonnenlicht. Warmer Sand, blaues Meer, blauer Himmel – und Tonnen von Plastik: Die modernen Bauteile eines Urlaubsidylls.

Wir leben in einer Plastikwelt. Kunststoff ist Teil unseres Alltags und begleitet uns von morgens bis abends. Plastik ist überall. Es begegnet uns in Kosmetikprodukten, als Lebensmittel-Verpackung und Gebrauchsgegenstand, von der Fernbedienung bis zum Stuhl und zurück zum Kühlschrank. Alles aus Plastik. Der Stoff ist leicht, praktisch und langlebig – und genau das wird der Umwelt zum Verhängnis.

Planet aus Plastik

Plastik wird aus Erdöl hergestellt. Durch chemische Prozesse wird Erdöl zu dem Kunststoff, den wir alle kennen. Vor knapp hundert Jahren entdeckt, wird Plastik immer mehr zu einem festen Bestandteil unseres Alltags. Allein im Zeitraum von 1950 bis 2017 wurden 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert, dies entspricht dem Gewicht von 80.000.000 Blauwalen! Wir verbrauchen so viel Plastik, dass wir inzwischen nicht mehr wissen, wohin damit. Das meiste landet als Abfall auf Müllbergen oder eben im Meer. Die Meere sind überfüllt mit Kunststoffen, die das natürliche Ökosystem gefährden. Plastik ist hauptsächlich ein Einwegprodukt. Dabei ist die Nutzungsdauer meist sehr kurz. Eine Plastiktüte wird im Durchschnitt nur 25 Minuten verwendet, bevor sie im Müll landet – kurzer Nutzen, aber bis zu 20 Jahre hingegen dauert es, um sie abzubauen. Insgesamt werden in Deutschland 5,3 Milliarden Plastiktüten pro Jahr verbraucht. Unsere Ozeane sind voll mit diesen Tüten. Schildkröten und Delfine verwechseln sie mit Quallen – und sterben an ihrem Verzehr.

Doch wie kommt Plastik ins Meer? Das geschieht über viele Wege. Mikroplastik aus Kosmetikprodukten wie Cremes und Gels gelangt überden Ab uss in das Abwassersystem.Auch beim Wäschewaschen landen Kunstfasern, die zu klein sind, um von einem Sieb aufgefangen zu werden, in den Flüssen und letztlich im Meer. Das passiert schon ab einem üblichen Waschgang bei 30 Grad. Eine Studie der britischen Plymouth University zeigt, dass aus einem Kleidungsstück aus Polyester-Baumwoll-Mischgewebe rund 138.000 Fasern ihren Weg insWasser nden. Bei Acryl-Geweben sindes noch mehr: 730.000 Fasern. Die Synthetik-Fasern sind nicht biologisch abbaubar und vergiften unsere Gewässer. Eine bessere und umweltschonendere Alternative sind Naturfasern. Beim Waschen von Kleidung aus Materialien wie Leinen und Seide haben wir kein Problem mit Mikroplastik. Illegale Müllentsorgung und Verdreckung durch Massentourismus sind ein großer Teil des Problems und auch beim Fischfang wird die Umwelt belastet, denn regelmäßig gehen Net- ze verloren. Eine Angelschnur allein braucht 600 Jahre, um sich abzubauen!

Für die Tiere ist es eine Quälerei: Die Meeresbewohner verfangen sich in den Netzen und Verpackungen. Schildkröten, Robben, Vögel und an- dere Tiere haben meist keine Chance, sich aus der Plastikfalle zu befreien. Schmerzhaft schlingt sich das Plastik um ihren Hals oder andere Körperteile und schneidet in ihre Haut ein. Zerfällt das Plastik in kleinere Einzelteile und in Mikroplastik, ist es für Fische und Vögel oft nicht unterscheidbar von ihrer natürlichen Nahrung. Eine Milli- on Seevögel sterben jedes Jahr daran. Auch in unsere Nahrungskette hat sich der Kunststoff etabliert. Über Plastik verzehrende Muscheln und Fische kehrt es zurück auf unsere Teller.

Müll im Meer

Ignorieren wir das Problem, schwimmt im Jahr 2050 dreimal mehr Plastikmüll im Meer als Fische. Da stellt sich selbstverständlich die Frage: Was kann der einzelne Konsument tun, um diese Katastrophe zu beheben? Boyan Slat hat eine Antwort. Der 23-jährige Niederländer hat das Projekt „The Ocean Cleanup“ initiiert. Mit einem langen U-förmigen Auffangarm, der auf dem Meer liegt und der Hilfe des natürlichen Meeresstroms, soll Plastik aufgefangen und anschließend eingesammelt werden. Der Fangarm ist so konstruiert, dass Fische problemlos unter ihm durchschwimmen können. Mitte 2018 sollte die Mission, den Müll aus dem Pazifik zwischen Hawaii und Kalifornien zu fischen, beginnen. Kontinuierlich wird weiter an der Technologie gearbeitet und das Projekt expandiert.

Jeder einzelne Mensch kann etwas tun. Doch vor der Aktion ist erstmal Aufklärung nötig. Wir brauchen ein Bewusstsein für einen neuen Umgang mit Plastik. Auch kleine Verände- rungen im Alltag können bereits ein großer Schritt sein. Ein paar Basics für den Einkauf machen da den Anfang: Eigene Gläser und Dosen statt Verpackungen, Joghurt im Glas statt im Plastikbecher, Wattestäbchen statt aus Plastik lieber aus Bambus und so weiter. Um sicher zu gehen, dass man keinMikroplastik den Ab uss hinunter- spült, Zahnpasta und Deodorant mithilfe von Rezepten selbst machen. Zu Werbegeschenken einfach mal „Nein“ sagen und „To-Go“-Verpackungen und – Bestecke ablehnen. Wer sich selbst und der Erde etwas Gutes tun möchte, macht „Plogging“. Der schwedische Trend vereint Joggen mit Aufräumen (schwedisch: „Plocka“). Beim Aufsammeln von Plastik wird Sport gemacht und die Umwelt zugleich aufgeräumt. Damit die Menschen wirklich konsequent weniger Plastik konsumieren, wird die EU ab 2021 folgende Produkte verbieten: Einweg-Plastikgeschirr und -Besteck, Strohhalme, Wattestäbchen aus Plastik und Plastikhalterungen von Luftballons.

In Kenia hat sich bereits ein neues Gesetz etabliert: Plastiktüten sind seit Ende 2017 ganz verboten. Wer hier mit einer Plastiktüte erwischt wird, dem drohen bis zu 32.000 Euro Strafe oder vier Jahre Haft. Doch auf der ganzen Welt muss der Plastikkonsum drastisch gesenkt werden. Grundsätzlich gilt für Plastik: Wiederverwenden, weniger konsumieren und langlebige Produkte auswählen. Und nicht vergessen: Plastik bleibt ewig.

Stand 2018

Fotos: Martin Harvey/WWF, Jürgen Freund/WWF, Naturepl.com/ Enrique Lopez-Tapia/WWF