WEAR FAIR DANK FAIR WEAR

Die Fair Wear Foundation

INTERVIEW Maxi Juliana Höckesfeld

 

Eine der bekanntesten Organisationen, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion einsetzt, ist die 1999 in den Niederlanden gegründete Fair Wear Foundation (FWF). Mittlerweile verpflichten sich mehr als 80 Mitgliedsunternehmen aus 10 europäischen Ländern, hohe soziale Standards umzusetzen. Der Fokus der FWF liegt auf der Anfertigung von Kleidung. Ein wichtiges Ziel ist die Zahlung existenzsichernder Löhne. Wir befragten Vera Köppen, FWF-Repräsentantin in Deutschland, über Ziele und Aktivitäten der FWF.

 

Was ist eigentlich die Fair Wear Foundation?
Die Fair Wear Foundation ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Amsterdam. Wir sind eine sogenannte Multistakeholder-Initiative. In unserem Vorstand sind Vertreter_innen von Gewerkschaften, Unternehmensverbänden und Nichtregierungsorganisationen vertreten. Dies gewährleistet Unabhängigkeit und die Zusammenarbeit der verschiedenen Interessengruppen. Gemeinsam mit unseren Mitgliedern arbeiten wir an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie. Die Arbeit der Fair Wear Foundation wird sowohl aus Mitgliedsbeiträgen von Unternehmen als auch über Projektgelder z.B. von Regierungen, der EU oder der UN finanziert.

Wie wird man Mitglied der Fair Wear Foundation?
Es gibt verschiedene Voraussetzungen, um als Unternehmen Mitglied der Fair Wear Foundation zu werden. Die Mitglieder verpflichten sich u.a., unsere Arbeitsrichtlinien in ihren Zulieferketten umzusetzen. Dazu müssen sie eine Liste mit all ihren Produktionsstätten einreichen und jährlich einen konkreten Arbeitsplan für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen erstellen. Wir kontrollieren, bewerten und berichten dann öffentlich über die Fortschritte.

Wie sieht diese Kontrolle aus?
Die Kontrolle wird auf verschiedenen Ebenen durchgeführt. Einerseits führen wir jährlich bei den Mitgliedern den Brand Performance Check durch. Das bedeutet, dass wir uns die Geschäftsstruktur und die internen Prozesse und Systeme der Unternehmen genau anschauen. Wir hinterfragen, wie sich die Geschäftsprozesse und -praktiken auf die Arbeitsbedingungen bei den Lieferanten auswirken. Was passiert beispielsweise, wenn kurzfristig eine Bestellung geändert wird oder zu kurze Lieferzeiten vereinbart werden?

Wir führen aber auch Kontrollen direkt in den Produktionsstätten durch und erarbeiten Maßnahmenpläne, um vorhandene Probleme zu beheben. Wegen der komplizierten Lieferketten in der Bekleidungsindustrie arbeitet die Fair Wear Foundation mit einem Prozessansatz. Die Mitgliedsunternehmen müssen jedes Jahr Verbesserungen nachweisen. Nach Beginn der Mitgliedschaft haben die Unternehmen drei Jahre Zeit, um schrittweise alle Produktionsstätten in das Monitoringsystem zu integrieren.

Unser Ziel ist nicht, einzelne Produkte zu zertifizieren, sondern das ganze Unternehmen in den Blick zu nehmen.

Warum geben Sie ihren Mitgliedern so viel Zeit?
Durch die Vielzahl an Produktionsstätten, mit denen jede Marke zusammenarbeitet, ist es in den meisten Fällen nicht möglich, innerhalb eines Jahres überall Kontrollen durchzuführen. Ziel jedes Unternehmens sollte es sein, 100 % der eigenen Lieferkette kontrollieren zu lassen. Wenn aber neue Lieferanten dazukommen oder Lieferanten wechseln, können diese nicht sofort kontrolliert werden. Daher geben wir ab dem dritten Jahr der Mitgliedschaft 90 % als Mindestwert an. Unser Ansatz beruht auf schrittweisen Verbesserungen.

Glauben Sie, dass die Probleme nicht zu 100 % gelöst werden könnten?
In so komplizierten Lieferketten wie in der Bekleidungsindustrie ist es nahezu unmöglich, die Einhaltung aller Arbeitsstandards für alle Arbeiter_innen und zu jedem Zeitpunkt zu garantieren. Es geht darum, Probleme zu identifizieren sowie langfristige und nachhaltige Lösungen zu erarbeiten. Es ist ein kontinuierlicher Prozess, der nie ganz abgeschlossen sein wird. Eine Mitgliedschaft in der Fair Wear Foundation ist jedoch nachhaltiger, da die Unternehmen kontinuierlich an sich arbeiten.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, dass faire Kleidung zu teuer sei?
Wenn ich ein sehr billiges Kleidungsstück sehe, frage ich mich immer: Wie kann das sein – wenn ich allein an die Arbeitskraft, an Material und Transport denke, die nötig sind, damit das fertige Kleidungsstück bei uns in den Läden liegt? Wir sind an sehr niedrige Preise gewöhnt und dadurch kommt uns nachhaltige Kleidung heute häufig teuer vor. Jedoch erkennt man Nachhaltigkeit auch nicht immer am Preis. Es gibt auch sehr teure Kleidung, die nicht nachhaltig produziert wird. Dabei machen die Lohnkosten der Arbeiter_innen meist nur einen minimalen Anteil an den Produktionskosten aus.

Wie wird sich faire Mode Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren entwickeln?
Insgesamt ist ein steigendes Interesse der Konsument_innen an dem Thema Nachhaltigkeit zu erkennen. Zudem sollen mehr gesetzliche Regelungen die Unternehmen verpflichten, Verantwortung in ihren Lieferketten zu übernehmen. So entwickeln gerade viele Staaten nationale Aktionspläne für die Durchsetzung von Menschenrechten in der Wirtschaft und für die Wahrnehmung von Sorgfaltspflichten durch die Unternehmen. Damit wird die Arbeit der Unternehmen transparenter.

Uns ist es wichtig, dass die Konsument_innen sich nicht nur auf Siegel verlassen, sondern sich mit den Marken und Unternehmen auseinandersetzen. Um verantwortungsvoll zu kaufen, sollten sie sich fragen: Was macht die Marke genau und welche Werte stehen dahinter?

 

Stand 2016